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15.06.2020

Was suchen wir, wenn wir glauben

Die Kloster- und Wallfahrtskirche St. Nikolaus in Seeon/Chiemgau. Foto: Christine Limmer (pfarrbriefservice.de)

Suchen ist nicht der Begriff, der immer ausreicht, um von Glaubenserfahrungen zu sprechen. Viel öfter trifft zu, dass man angesichts des eigenen Unvermögens darauf hoffen muss, gesucht zu werden.

Vom Herrn gesucht zu werden - gerade dann, wenn man Gefahr läuft, sich in äußeren Aktivitäten zu verlieren.

Gewiss, Christus ist unentwegt und brennend dabei, unser Herz zu finden. Das aber ist in der Regel ein unaufdringlich geräuschloses Geschehen, das über lange Strecken die Bereitschaft von uns einfordert, auf seinen Anruf hören zu wollen. Zudem bedarf es auch unserer Sehnsucht nach vertrauter Nähe zu ihm, wenn sich eine symbiotische Beziehung anbahnen soll. Das umfasst weitaus mehr als nur formales Zeremoniell beziehungsweise eingeschliffene Tradition.

Solch eine auf Christus zentrierte Ausrichtung ist der eigentliche Wesenskern unseres Glaubens. Je mehr sich durch das Verwobensein mit IHM unser Inneres ordnet, umso mehr gestaltet sich auch unser Dasein neu. Die Schwerpunkte des Lebens verschieben sich, die Lasten des Alltags werden anders buchstabiert und mitmenschliches Handeln wird zum natürlichen Anliegen. Selbst wenn wir von der Idealvorstellung immer weit entfernt bleiben, erwachsen uns dennoch Flügel aus dieser Kraft.

Nur, wäre da nicht ein Dilemma: Der Weg führt über die Stille und für Stille ist heute kein Platz mehr oder wir halten sie gar nicht mehr aus. Dort, wo sie uns dennoch überraschend begegnet, füllen wir sie schnell mit Betriebsamkeit, mit Unterhaltung und Vergnügen. Mitunter wird selbst Frommes kurzweilig und laut herausgeputzt, damit niemand sich langweilen möge. Aber: „Ohne Stille verschwindet Gott im Lärm. Und dieser Lärm wird umso aufdringlicher, je mehr Gott abwesend ist“ (Robert Kardinal Sarah). Fragen wir uns bloß einmal selbst, wie lange wir die Lautlosigkeit einer Eucharistischen Anbetung durchstehen oder ob wir ihr überhaupt noch eine Bedeutung beimessen. Doch gerade sie kann zum offenen Tor für Gottes Wirken werden.

Ja - und noch eimal ja: Wenn wir dem Herrn genügend Stille anbieten, hören wir ihn, spüren wir ihn . . . IHN, den wir suchen über alles Zeitliche hinaus.

 

GOTT IST STILLE

 

MEIN SCHWEIGEN ÖFFNET MEIN INNERES OHR

FÜR DAS EWIGE WORT,

UND VOM GRUNDE MEINES HERZENS

WIRD EINE STIMME EMPORSTEIGEN,

DIE MICH LEISE RUFT.

 

SO NIMMT MICH DIE STILLE

IN DAS GEHEIMNIS GOTTES HINEIN,

UND MEIN HERZ WEITET SICH

IN DER FREUDE SEINER GEGENWART.

(Lebensbuch der monastischen Gemeinschaften in Jerusalem)

 


Autorin: Barbara Wurm, Kirchort Heiligste Dreifaltigkeit