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02.05.2020

Berührendes Lichtspiel

Gottesmutter-Statue in Heiligste Dreifaltigkeit. Foto: Dr. Karsten Junk

Als ich bei meinem heutigen Nachmittagsbesuch die Kapelle von „Heiligste Dreifaltigkeit“ wieder verließ und noch einen Blick in das versperrte Hauptschiff werfen konnte, war es wieder da, dieses eigenartige Phänomen.

Zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten verwandelt sich die Madonna im Säulenrundgang für wenige Minuten in eine von Licht überflutete Erscheinung. Nur sie und das Jesuskind strahlen, sie strahlen vermeintlich überirdisch, während sich die ganze Umgebung schattenhaft zurücknimmt.

Natürlich gibt es dafür eine Erklärung: Das kleine Fenster über der Empore fokussiert bei einem gewissen jährlichen Sonnenstand die Lichtstrahlen so, dass diese der Madonna scheinbar himmlischen Glanz verleihen. Kein Spotlicht könnte das gleichermaßen. Wer immer schon einmal dabei sein durfte, weiß, wie sehr man sich davon berühren lässt.

Nun wäre damit eigentlich schon alles gesagt, würden sich mir nicht Gedanken von Simone Weil aufdrängen. Sie spricht von Chiffren, die uns in der Welt die verborgene Gegenwart des Heiligen signalisieren, selbst wenn wir dabei Übernatürliches immer nur ahnen können.

In diesem Sinne finde ich es durchaus gerechtfertigt, sich die wenigen Minuten vom Glanz der Madonna verzaubern zu lassen. Das sind Augenblicke, wo sie scheinbar zu reden beginnt und nur mich persönlich meint. Wie von selbst ergibt sich ein Wechselgespräch und wenn die Sonne weiterzieht, glaubt man sich verabschieden zu müssen - obwohl man weiß, dass in der Nähe eines jeden Tabernakels Maria immer präsent bleibt.

Mag sein, dass ich - nüchtern betrachtet - darin des Guten zu viel sehe. Dann aber berufe ich mich auf andere, die bei zufälligem Aufenthalt in der Kirche ähnlich verblüfft reagierten. Und ich lasse mir von Papst Benedikt XVI. versichern: „Der Mensch wird nicht nur von innen nach außen geformt, auch von außen nach innen verläuft eine Kraftlinie“. Und genau solch eine scheint sich aufzutun, wenn man unverhofft von diesem Lichtspiel überrascht wird.

Insofern wünsche ich, dass viele Beter zu Nachmittagszeiten einmal das Glück haben mögen, von einer strahlend leuchtenden Madonna auf außergewöhnliche und ganz persönliche Weise angesprochen zu werden. Selbst bei einem Blick durch versperrte Gitter kann man sich dem Glanz nicht entziehen.


Autorin: Barbara Wurm, Kirchort Heiligste Dreifaltigkeit